Es mangelt an Fachkräften. Eine Lösung dafür ist gut ausgebildeter Nachwuchs: am besten in ausreichender Anzahl. Doch gerade kleine, regionale Betriebe können ihren Azubis mitunter keine umfassende Praxisausbildung gewährleisten. Wie schaffen es diese dennoch, sich die Qualität bei der Ausbildung und auch die notwendige Anzahl von Fachkräften zu sichern? Indem ihre Schützlinge den praktischen Ausbildungsteil extern absolvieren.
Dieser Beitrag ist Teil der Dossier-Reihe aus der Arbeitsgemeinschaft zur Fachkräftesicherung und -entwicklung von Betriebspersonal.
In der modernen Lehrwerkstatt der LWG Lausitzer Wasser GmbH & Co. KG in Cottbus bildet das Unternehmen jährlich rund 20 junge Menschen aus – und zwar über den eigenen Fachkräftebedarf hinaus. Das heißt: Die von der IHK anerkannte Prüfwerkstatt ist auch der Ausbildungsbetrieb für benachbarte, branchennahe Firmen aus ganz Brandenburg, Berlin und Sachsen.
Erlernt werden können in der Lehrwerkstatt verschiedene Berufe: von Anlagenmechaniker:in über Industriekaufleute und Elektroniker:in bis hin zu Bürokaufleuten. Immer mehr Partnerbetriebe schicken ihren Nachwuchs zum wasserwirtschaftlichen Verbundausbilder LWG. Kein Wunder: Die Ausbildungsqualität der Lehrwerkstatt hat sich herumgesprochen – bundesweit.
Damit die Energiewende gelingt, bedarf es zahlreicher gut ausgebildeter Fachkräfte in der Branche. Die Herausforderung in der Nachwuchssicherung und kontinuierlichen Weiterbildung von Fachkräften hat die Energiewirtschaft erkannt – die Verbände AGFW, BDEW, DVGW, rbv und VDE haben eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen, um Initiativen zur Fachkräftesicherung zu erarbeiten. In Dossiers werden nun Unternehmen und deren Maßnahmen vorgestellt: als Orientierung und Impuls für andere Energieversorgungsunternehmen.
Schon neunmal kam der bundesbeste Azubi im Beruf Anlagenmechaniker aus der LWG-Lehrwerkstatt. Bereits zum vierten Mal hat die LWG das „Siegel für exzellente Ausbildungsqualität“ von der IHK Cottbus erhalten. 2011 und 2019 gab es den Brandenburgischen Ausbildungspreis. Was macht die Ausbildung so besonders? Das gute Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Zum einen bekommen die angehenden Fachkräfte hier mehr geboten als im Ausbildungsprogramm eigentlich vorgesehen.
Das heißt: Die zukünftigen Anlagenmechanikerinnen und -mechaniker erlernen nicht nur die Grundlagen der Metallbearbeitung, sondern erhalten darüber hinaus viele weitere Zusatzqualifikationen wie zertifizierte Lehrgänge für Elektrofacharbeiten, Schweißen oder Gabelstaplerfahren. Bereichert wird die Ausbildung weiterhin durch externe Seminare und spannende Exkursionen.
Gleich zu Beginn findet für alle ein „Azubi-Knigge-Seminar“ statt. Hier werden wichtige Regeln für ein faires, offenes und konstruktives Miteinander vermittelt. Das schafft ein Arbeitsklima, in dem jeder Mensch seine Fähigkeiten bestmöglich entwickeln und einbringen kann. „Unser Erfolgsrezept ist: fordern und fördern. Wir sind ein gutes Team und verstehen uns Lehrausbilder eher als Partner der Jugendlichen. Wir nehmen sie ernst, beziehen sie bei Problemlösungen mit ein und fördern sie in ihrer Selbstständigkeit“, sagt Jörg Lange, Leiter der Lehrausbildung bei LWG.
Die Bedingungen für einen Start ins Berufsleben sind bei der LWG bestens. So werden Schulbücher und Lehrmaterialien gestellt, es gibt Zuschüsse zum Jobticket und die Bezahlung ist gut: Sie orientiert sich am öffentlichen Dienst. Und stimmen Betriebsklima und Bezahlung, fördert dies die Motivation – die sich letztlich in den Leistungen der Jugendlichen widerspiegelt. Sowohl die Prädikate und Ausbildungsinhalte sprechen für die Lehrwerkstatt als auch die stetig wachsende Nachfrage nach Ausbildungskapazitäten.
In der heutigen Lehrwerkstatt auf dem Gelände der Kläranlage Cottbus werden aktuell bis zu 75 Auszubildende und Praktikantinnen sowie Praktikanten gleichzeitig betreut. Damit sind die einst angedachten Kapazitäten längst ausgereizt. Angesichts des Fachkräftemangels müssen es aber bald deutlich mehr werden. Zu diesem Zweck wird die Lehrwerkstatt zum Wasserwirtschaftlichen Bildungszentrum Lausitz ausgebaut – ein wegweisendes Projekt im Lausitzer Strukturwandel. Rund sechs Millionen Euro Fördermittel fließen in dieses Vorhaben. Geplanter Baubeginn ist kommendes Jahr, 2026 ist als Ausbildungsstart anvisiert.
Im Rahmen des Projekts sollen die bestehenden und bereits genutzten Gebäude der Lehrwerkstatt modernisiert und zusätzlich Neubauten errichtet werden. Das schafft insgesamt Kapazitäten für rund 120 Azubis, Studierende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Seminarteilnehmende. Zukünftig soll das Bildungszentrum nicht nur reine Ausbildungsstätte, sondern auch ein wichtiges Zentrum für die Berufsorientierung und die berufliche Weiterbildung in der Region Lausitz sein. Zu diesem Zweck entstehen auf dem gut 8.300 Quadratmeter umfassenden neuen Campus neben Schulungsräumen, Werkstätten und Kabinetten auch die dafür notwendigen Sozialräume.
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Digitalisierung und Klimawandel beeinflussen die Arbeit in der Wasserwirtschaft zunehmend. Der Fachkräftenachwuchs muss diesbezüglich gerüstet sein. Die LWG plant daher nicht nur räumliche Veränderungen, sondern will auch das Lehrangebot inhaltlich und methodisch auffrischen und modernes Equipment anschaffen, um hilfreiche Zusatzangebote wie z. B. Lern-Apps, Smart Metering oder Simulation anzubieten.
Insbesondere digitale Ausbildungsinhalte (z. B. Virtuelle-Realität-Technologie) sollen künftig stärker im Fokus stehen. Das bedeutet, dass auch die Lehrkräfte mit digitalen Tools arbeiten können und digitale Lehrinhalte zukünftig selbst erstellen. „Die neuen Techniken, die bereits in der Versorgungswirtschaft Anwendung finden, müssen sich auch in der Ausbildung widerspiegeln. Grundlagen der Metallbearbeitung sind bei uns Ausbildungsstandard, 3-D-Druck und Lasertechniken sollen künftig auch dazugehören“, so Jörg Lange.
Ein Drittel der Beschäftigten in der Wasserwirtschaft Brandenburgs sind heute über 55 Jahre alt. In rund zehn Jahren gehen diese in den Ruhestand und etliche neue Fachkräfte werden gebraucht.
Diesen Bedarf soll das neue Bildungszentrum decken. Mit den vorhandenen Kapazitäten und Möglichkeiten kann es gelingen, sich genügend qualifizierte Fachkräfte für die kommenden Jahrzehnte in der Region zu sichern. Vorangetrieben wird dieses Vorhaben auch durch neue spannende Berufsorientierungsangebote. Des Weiteren müssen Betriebe heute ihre Beschäftigten vermehrt schulen, um die wachsenden Herausforderungen in der Wasserwirtschaft zu meistern. Die betrieblichen Fortbildungen dafür finden künftig auch im Bildungszentrum statt, ebenso wie die versierte Betreuung von Forschungsprojekten im Rahmen von Bachelor- oder Masterarbeiten. In enger Kooperation mit Fach- und Hochschulen sollen hier die Möglichkeiten für ein duales oder ausbildungsintegriertes Studium ausgebaut und verbessert werden.
Wasser und Energie werden in Zukunft ebenso gebraucht wie gute Fachkräfte. Ein Ort, an dem beides zusammenkommt, ist bald das Wasserwirtschaftliche Bildungszentrum Lausitz. Schon jetzt genießt die LWG als wasserwirtschaftlicher Verbundausbilder hohes Ansehen – auch über die Landesgrenzen hinaus. 2023 starteten erstmals drei junge Männer aus Indien ihre Ausbildung zum Anlagenmechaniker in der LWG-Lehrwerkstatt.
Mit der Fertigstellung des Wasserwirtschaftlichen Bildungszentrums wird die LWG-Lehrwerkstatt zum Zukunftsmotor einer ganzen Region. Hier gibt es innovative Ausbildungsinhalte, ein gutes Betriebsklima und erstklassige Jobaussichten. Denn den Jugendlichen ist in der Regel nach einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss ein Job in der Wasserwirtschaft sicher.
Die LWG Lausitzer Wasser GmbH & Co. KG (LWG) sichert heute die Trinkwasserversorgung sowie die Abwasserentsorgung für rund 135.000 Menschen in Cottbus und im Umland. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 170 Menschen und ist erfolgreich als Verbundausbilder tätig.
Jörg Lange, LWG (j.lange@lwgnet.de)