Deutschlands Dächer sollen bald viel grüne Energie produzieren. Dafür braucht es tausende Solarfachkräfte. Woher nimmt man die? Man errichtet beispielsweise ein eigenes Schulungszentrum und qualifiziert dort motivierte Menschen zu Solarprofis: in wenigen Wochen, ganz praxisnah und von Beginn an fair bezahlt.
Dieser Beitrag ist Teil der Dossier-Reihe aus der Arbeitsgemeinschaft zur Fachkräftesicherung und -entwicklung von Betriebspersonal.
Das Berliner Unternehmen Enpal gründete für die Ausbildung von Solarfachkräften die Enpal Akademie. Das junge Solarenergie-Unternehmen begegnet damit der Herausforderung des Fachkräftemangels kreativ und – schaut man sich die Zahlen an – auch sehr erfolgreich. Mehr als 1.000 Menschen sind hier in den letzten Monaten zu Solarhandwerkskräften umgeschult worden. Rund 50.000 Beschäftigte arbeiten aktuell im Solarbereich. Will Deutschland seine ambitionierten Klimaziele erreichen, werden aber bis zum Jahr 2035 laut HTW Berlin rund 250.000 Fachkräfte in der gesamten Fotovoltaik-Branche gebraucht. Wo findet man die? Enpal zeigt, wie es hier zügig vorangehen kann.
Damit die Energiewende gelingt, bedarf es zahlreicher gut ausgebildeter Fachkräfte in der Branche. Die Herausforderung in der Nachwuchssicherung und kontinuierlichen Weiterbildung von Fachkräften hat die Energiewirtschaft erkannt – die Verbände AGFW, BDEW, DVGW, rbv und VDE haben eine Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen, um Initiativen zur Fachkräftesicherung zu erarbeiten. In Dossiers werden nun Unternehmen und deren Maßnahmen vorgestellt: als Orientierung und Impuls für andere Energieversorgungsunternehmen.
Solarenergie ist heute eine der günstigsten natürlichen Energieerzeugungsarten. Die Nachfrage nach Fotovoltaik-Anlagen für Hausdächer ist dementsprechend hoch, Tendenz steigend. Noch bis Ende 2020 hat Enpal sämtliche PV-Anlagen in Kooperation mit externen Handwerksbetrieben installiert. Doch insbesondere im Handwerk fehlen Fachkräfte. Gerade die braucht Enpal aber dringend, um die rasant wachsende Auftragslage bewältigen zu können. Das Unternehmen gründete daher kurzerhand Anfang 2021 eine eigene Montagegesellschaft (Enpal Montage GmbH – EMG) und errichtete 2022 sein eigenes Schulungszentrum im brandenburgischen Blankenfelde-Mahlow. Südlich von Berlin werden hier nun monatlich bis zu 200 Solar-Profis zentral ausgebildet.
Im Jahr 2022 wurde die Enpal Akademie eröffnet, um dem Fachkräftemangel in der Energiebranche entgegenzuwirken – schauen Sie doch mal rein!
Fast alle sind männlich, Quereinsteiger und haben vorher ganz unterschiedliche Berufe gelernt oder ausgeübt: als Koch oder Pizzabäcker, Tellerwäscher, Kurierdienst oder Schauspieler. Für die Arbeit als Solarhandwerkskraft braucht man keine spezifische Vorqualifikation. Dafür aber die richtige Motivation und vor allem Lust, im Freien zu arbeiten. Über 70 Prozent der Handwerkskräfte bei Enpal haben Migrationshintergrund, darunter sind viele Geflüchtete etwa aus Syrien.
Laut Dr. Wolfgang Gründinger, Chief Evangelist bei Enpal, mangelt es nicht an Bewerbungen. Aber gute Leute seien nicht immer leicht zu finden – dennoch erhielten viele Menschen hier eine echte Chance. So zahlt das Unternehmen allen ab dem ersten Schulungstag ein Gehalt, trägt die Kosten für die Schulung und stellt das Hotel während der Schulungsphase. Ob es für beide Seiten letztlich passt, zeigt sich spätestens in der Probezeit.
Beratung, Planung, Installation: Ist die passende Solar-Lösung einmal gefunden, sollte die Anlage möglichst schnell aufs Dach und in den Betrieb gehen. Dafür braucht man geschulte Solar-Handwerkskräfte, genauer gesagt DC- und AC-Monteure. Die DC-Monteure befestigen die PV-Module auf dem Dach, während die AC-Monteure dem Elektriker zuarbeiten. Der Elektriker schließt am Ende die PV-Anlage ans Stromnetz an und muss für diese Tätigkeit auch speziell qualifiziert sein. Läuft alles nach Plan, haben Kunden meist innerhalb von etwa vier bis acht Wochen ihre neue Enpal-Solaranlage auf dem Dach.
DC- und AC-Monteure brauchen keine Vorkenntnisse in Sachen Fotovoltaik. Was sie können müssen, lernen sie in der Akademie und anschließend auf der Baustelle. Der Lehrplan ist effizient strukturiert: In zwei Wochen absolvieren die Teilnehmenden diverse Schulungen zum Thema Solaranlagen und Montage. Anschließend folgen mehrere Wochen Baubegleitung auf den Hausdächern – und zwar schon jeweils bei sich vor Ort. Nach wenigen Monaten können die Monteure bereits im Team selbstständig PV-Anlagen installieren.
Die Qualitätssicherung erfolgt in Echtzeit. Das heißt, jeder Schritt der Montage wird von den Arbeitskräften per Enpal-eigener App dokumentiert. Zudem gibt es stichprobenartige Kontrollen. So sorgt Enpal für die erforderliche Montagequalität und zufriedene Kundschaft. Der Plan geht auf. Laut Statista war Enpal 2022 deutscher Marktführer für PV-Aufdachanlagen im Endkundenbereich (B2C). Financial Times und Statista kürten Enpal 2023 erneut zum wachstumsstärksten Energieunternehmen in Deutschland. Die innovative Rekrutierungsstrategie für Quereinsteiger hat dies sicher begünstigt.
Entscheidend ist aber auch, dass Vertrieb, Logistik, Fuhrpark, Planung oder Verwaltung nicht von Handwerkskräften erledigt werden. Das ermöglicht diesen, sich ganz auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Kleine und mittelgroße Anlagen installieren bei Enpal Teams, die aus zwei bis drei DC-Monteuren und einem AC-Monteur bestehen. Jeweils ein Elektriker betreut zwei Teams. Bei effizienter Organisation kann ein Team eine Anlage mit 10 kWp pro Tag errichten; mit Speicher, Wallbox und Zählertausch in ca. anderthalb Tagen. Pro Jahr kommt ein Team somit auf rund 130 Anlagen mit 10 kWp, also auf 1,3 MWp pro Jahr.
In der Akademie gibt es Lehrgänge für Solar-Monteure und spezielle Schulungen für Elektriker. Noch ist Enpal kein klassischer Ausbildungsbetrieb. Wer bei Enpal als Elektriker arbeiten möchte, muss daher bereits eine abgeschlossene Lehre haben. In der Akademie erhalten sie dann die notwendige Zusatzqualifikation zur Installation, Inbetriebnahme und Wartung von Fotovoltaikanlagen. Auch diese Schulung dauert nur zwei Wochen, bevor es deutschlandweit auf die Baustellen geht.
Akquiriert wird natürlich über klassische Wege wie Jobcenter und soziale Medien. Viele Kräfte werden aber über Weiterempfehlungen gewonnen. 30 Prozent der neuen Leute kommen über Mitarbeitende, die ihre Brüder, Schwestern, Bekannte und Freunde ins Unternehmen holen. Dadurch wird Enpal schon fast zu einem Familienbetrieb.
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Da gibt es beispielsweise Kim Werner, die neun Jahre bei Mercedes gearbeitet hat: zunächst als Kfz-Mechatronikerin in der Werkstatt, später dann im Service. Sie ist eine der ganz wenigen Frauen, die in der Akademie geschult wurden. Kim ist heute bei Enpal für die Barrierefreiheit der Baustellen zuständig und kümmert sich beispielsweise um die Absperrung von Gehwegen. Sie hat auf der Baustelle selbst viele Anlagen mitgebaut und durfte die Monteure in ihrem täglichen Job begleiten. Seit sie in der Barrierefreiheit arbeitet, hat sie bei über 500 Baustellen mitgewirkt. Kims Bruder war bereits bei Enpal und holte sie im Dezember 2021 ins Unternehmen. Inzwischen arbeitet auch ihre Schwester bei Enpal.
Auch Konstantin Benedikt, gelernter Zimmerer, hat den Quereinstieg genommen. Vorher arbeitete er als Schauspieler und war selbstständiger Messebauer. Im Zuge der Corona-Pandemie brachen die Aufträge weg und es brauchte einen Neuanfang: Enpal. Solarenergie sieht er als gute Alternative.
Besonders ist auch die Geschichte von Mohammed Hallak. Er kam als Geflüchteter aus Syrien nach Deutschland, sprach nur Englisch und arbeitete zunächst als Lagerist. Dann erzählte ihm ein Freund von Enpal. Heute ist Mohammed Hallak Teamleiter und freut sich, einen so wichtigen Beitrag zur Umstellung auf grüne Energie leisten zu können.
Eine kluge, möglichst barrierefreie Rekrutierungsstrategie mit der richtigen Zielgruppenansprache, gute Bezahlung und eine effiziente Teamorganisation können den Fachkräftemangel spürbar lindern. Die nächste Enpal-Akademie entsteht derzeit in Bosnien. „Dort gibt es viele Menschen, die handwerklich sehr begabt sind und gern in Deutschland arbeiten wollen“, sagt Gründinger. „Dabei profitieren wir natürlich von der neuen Westbalkan-Regelung im Fachkräfteeinwanderungsgesetz, durch die Einwanderung vereinfacht wird.“
Insgesamt gilt es, die Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte von staatlicher Seite aus weiter zu beschleunigen. Die „Spurwechsel“-Idee, nach der geduldete Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis erhalten sollen, ist ein möglicher Ansatz, dem Fachkräftemangel effektiv und zeitnah entgegenzuwirken. Förderlich wäre zudem, ausländische Abschlüsse in kürzeren Verfahren etwa durch die IHK FOSA anzuerkennen.
Auch eine offizielle Qualifizierung für Solarmonteure gibt es bisher nicht. Genau das werde in der Taskforce Fachkräfte der Allianz für Transformation im Bundeskanzleramt diskutiert, erzählt Gründinger und hält einen Standard oder ein Zertifikat für sinnvoll, denn der Bedarf an Solarfachkräften in der Branche sei groß.
Wie erfolgreich Enpal aktuell ist und weiter werden kann, ist maßgeblich von der Verfügbarkeit qualifizierter Handwerkskräfte abhängig. Fakt ist: Ohne Handwerk gibt es keine Energiewende. Die Enpal Akademie ist derzeit das größte Schulungszentrum für Solarhandwerkskräfte in ganz Europa.
2017 gegründet, ist Enpal heute das wachstumsstärkste Energieunternehmen in Europa und einer der größten Anbieter von Miet-Solaranlagen in Deutschland. Mit rund 190 Teams wurden deutschlandweit bereits mehr als 45.000 Solarlösungen installiert.
Dr. Wolfgang Gründinger, Enpal (wolfgang.gruendinger@enpal.de)