Warum „alle“ nie gilt und Generationen-Bashing nicht hilfreich ist

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Verallgemeinerungen sind selten hilfreich. Denn in den wenigsten Fällen trifft „alle“, „jeder“ oder „keiner“ zu. Das gilt insbesondere bei Diskussionen rund um Generationen und wie sie eingeschätzt werden.

Analena Niehoff

Social Media & Content-Marketing-Managerin

Vor einigen Wochen habe ich im Rahmen des Kolloquiums der Berufsbildungsgremien von AGFW, BDEW, DVGW, rbv und VDE einen Vortrag zum Thema Generation Z auf dem Arbeitsmarkt gehört. Die Analyse der Generation – meiner Generation –, die dort auf Basis verschiedener Studien gemacht wurde, hat mich zum Nachdenken gebracht.

Kurz zu mir: Ich bin 1997 geboren, d. h. ich gehöre zu den Älteren der Generation Z. Für mich war es daher besonders interessant, wie meine Generation auf dem Arbeitsmarkt eingeschätzt wird.

An verschiedenen Punkten im Vortrag wurde thematisiert, dass die Generation Z durch das Überangebot an beruflichen Möglichkeiten überfordert sei und gleichzeitig mit einem zu hohen Anspruch auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen möchte. Aber stimmt das so?

Mein Eindruck ist ein anderer. Trotz eines abschließenden Disclaimers, dass es in dem Vortrag nicht um Generationen-Bashing geht, war es für mich genau das: Verallgemeinerung und Vorurteile „at its best“.

Ein Punkt zur Charakterisierung junger Menschen war die Anzahl der Krankheitstage. Laut Aussage des Referenten, der sich dabei auf die AOK Hamburg / Rheinland bezog, nehmen alle Angehörigen der Generation Z an, dass sie einen Anspruch auf 30 Krankheitstage haben und sich öfter krankmelden als Angehörige anderer Generationen. Neben der Verallgemeinerung, dass scheinbar jeder Mensch unter 30 so denkt, hat der Referent die Gründe für die Krankheitstage außen vorgelassen, die die AOK in einer entsprechenden Pressemitteilung angeführt hat.

Davon abgesehen, zeichnen andere Krankenkassen auch ein anderes Bild: Laut Techniker Krankenkasse zum Beispiel fehlen Menschen unter 25 Jahren im Schnitt 16 Tage im Jahr – Berufstätige über 50 Jahren dagegen 23 Tage im Jahr [Quelle: TK-Gesundheitsreport 2023, S. 18].

Ein anderer Aspekt betraf die Freizeitaktivitäten der jungen Menschen unter 30 Jahren: Sie alle seien nur wenig sportlich aktiv und würden ihre Freizeit am liebsten zu Hause mit Online-Gaming verbringen. Für den Referenten war die Ableitung, dass dies negative Folgen für die Generation Z als Arbeitnehmer:innen hat. Für mich stellt sich die Frage nach dem Warum?

Warum ist es grundsätzlich schlecht, wenn jemand online zockt? Lassen sich hier nicht auch Vorteile und Skills nutzbar machen? Ein Beispiel: Wer ein Multiplayer-Game spielt, tauscht sich in Echtzeit mit Spielpartner:innen aus, trifft Entscheidungen und arbeitet gemeinsam an einer Strategie, um den Endgegner zu besiegen. Wenn die Strategie gescheitert ist, muss umgedacht und neue Methoden ausprobiert werden. Teamfähigkeit, strategisches Denken, Flexibilität – klingen für mich nach Softskills, die in Bewerbungen gerne im Anforderungsprofil stehen.

Ein weiterer Punkt zur Charakterisierung der Generation Z war die sinkende Loyalität zum Arbeitgeber. Die Mehrheit der Generation sei für einen Jobwechsel offen, wenn die Arbeitsbedingungen nicht passen. Wer ist das nicht? Die Zeiten sind glücklicherweise vorbei, in denen man froh sein musste, überhaupt einen Job gefunden zu haben und man sich mit den Gegebenheiten arrangiert hat. „Arrangieren“ ist eine zu schwache Beschreibung für eine Tätigkeit, die man mehrere Stunden pro Tag ausübt.

Es sind nur drei Beispiele, aber sie zeigen: „Die Gen Z“, „alle“ und „jeder“ – wer so argumentiert, der trägt eher zum Problem als zur Lösung bei. In keiner Generation treffen die Vorurteile und Klischees auf alle zu. Vielmehr macht dieser Stereotyp wohl eher eine Minderheit aus.

Jede Generation ist komplex und bringt eigene Lebens- und Arbeitsweisen mit, die sich durch historische, politische und gesellschaftliche Veränderungen einordnen lassen. Gleichzeitig profitiert auch jede Generation von den Errungenschaften der älteren Jahrgänge und kann sich neuen Herausforderungen widmen.

Wenn der Generation Z also vorgeworfen wird, dass sie zu anspruchsvoll ist, dann frage ich mich eher, ob nicht die Errungenschaften der vorherigen Generationen dafür gesorgt haben, dass junge Arbeitskräfte eine gewisse Erwartungshaltung mitbringen dürfen.

Wenn jüngere Generationen eine bessere Trennung von Arbeit und Freizeit fordern, tun sie das ja nicht nur für ihre eigenen Generationen, sondern für alle, die ein ebensolches Bedürfnis nach mehr Balance verspüren. Daran ist nichts passiv, träge oder arbeitsscheu – es ist eine gesunde Auseinandersetzung mit der eigenen Selbstfürsorge und die Erkenntnis, wann ungesunde Arbeitsbedingungen nicht mehr tragbar sind.

Die Generation Z umfasst die Jahrgänge 1995 bis 2009. Die jüngsten Angehörigen dieser Generation starten aktuell erst auf dem Arbeitsmarkt – lassen wir ihnen doch erstmal die Chance, dort anzukommen und sich zu entwickeln.

Die Autorin
Analena Niehoff
Analena Niehoff

Analena Niehoff ist Social Media & Content Marketing Managerin aus Leidenschaft. Als Content Marketing Managerin ist sie in das Team der Berufswelten eingestiegen, 2022 folgte die Weiterbildung zur Social Media Managerin. Ihr Anspruch: Guter Content, der auf allen Kanälen interessierte Leser*innen erreicht.

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