Abschluss des Neuordnungsverfahrens für umwelttechnische Berufe

Wasserproben im digitalisierten Probenmessgerät
Qualitätsüberwachung und -sicherung in der Trinkwasserversorgung: Die Berufsfamilie der umwelttechnischen Berufe ist heute stark von der Digitalisierung und neuen Technologien geprägt. Quelle: Stadt Groß-Umstadt.

Seit ihrer Einführung in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre hat sich die Berufsfamilie der umwelttechnischen Berufe gewandelt: Bedingt durch eine zunehmend digitale Arbeitswelt und neue Technologien sind seitdem zahlreiche Anpassungen erforderlich geworden. Der Beitrag beschreibt vor diesem Hintergrund, welche Änderungen in den letzten Jahren stattgefunden haben – angefangen von der Berufsbezeichnung bis hin zur Prüfungsstruktur.

Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus der Fachzeitschrift DVGW energie | wasser-praxis. Autor: Björn Mattheß (Sachverständiger des Bundes und Leiter des DVGW-Projektkreises 3.1)

Die Berufsfamilie der umwelttechnischen Berufe hat sich einer Neuordnung unterzogen, die darauf abzielt, diese Berufe an die Anforderungen einer digitalen Arbeitswelt anzupassen. Dieser Prozess hat bereits im Jahr 2017 begonnen.

Ursprünglich wurde im Jahr 1984 der staatlich anerkannte Ausbildungsberuf „Ver- und Entsorger/-in“ eingeführt, der Fachrichtungen in Wasserversorgung, Abwasser und Abfall umfasste. Dieser Beruf stellte, als erster technischer Beruf
im Umweltschutz, einen Meilenstein dar.

Im Jahr 2002 wurde dieser Beruf durch die Einführung von insgesamt vier neuen
umwelttechnischen Berufen (UT) ersetzt.

Jetzt, in den Jahren 2022-2023, wurde im Zuge eines Neuordnungsverfahrens
eine Anpassung an neue Technologien und die digitale Arbeitswelt vorgenommen.
Es zeigt sich, dass eine Anpassung dieser Berufe etwa alle 20 Jahre erfolgt. Im Rahmen dieses Neuordnungsverfahrens wurde die Rolle der Fachkraft für Wasserversorgungstechnik in eine Umwelttechnologin bzw. einen Umwelttechnologen für Wasserversorgung umgewandelt und modernisiert.

Die Überarbeitung der Berufsbezeichnungen zielt darauf ab, die Aufmerksamkeit potenzieller Interessentinnen und Interessenten zu wecken. Die Idee ist, dass die neue Bezeichnung den Anstoß dazu gibt, sich mit den spezifischen Inhalten der Berufe auseinanderzusetzen.

Die Diskussion über die Namensgebung begann weit vor der ersten Sitzung des Sachverständigenverfahrens und wurde von Vertreterinnen und Vertretern der vier umwelttechnischen Berufe geführt. Die endgültige Festlegung erfolgte erst gegen Ende des Sachverständigenverfahrens.

Zusammenarbeit und Fortschritt durch Sachverständige und Berufsverbände

Zur Vorbereitung des Sachverständigenverfahrens für die Neuordnung der „Fachkraft für Wasserversorgungstechnik“ wurde der DVGW-Projektkreis 3.1 einberufen. Dieser Projektkreis traf sich wiederholt mit Vertretern der Verbände anderer umwelttechnischer Berufe in Frankfurt am Main.

Die Leitung des Projektkreises lag zunächst beim Bezirksdirektor des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, Dr. Stefan Herb, der von Björn Mattheß, Betriebsleiter für Wasserversorgung und Abwassereinigung der Stadt Groß-Umstadt, unterstützt wurde. Im Verlauf des Prozesses tauschten sie im Februar 2019 ihre Positionen, sodass seitdem Björn Mattheß den Projektkreis leitet.

Der Fortschritt des Neuordnungsprojekts wurde in regelmäßigen Abständen im Lenkungskreis sowie im Gremienverbund der Verbände AGFW (Arbeitsgemeinschaft Fernwärme), BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft), DVGW, rbv (Rohrleitungsbauverband e. V.) sowie VDE (Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik) berichtet.

Im Februar 2022 begann das Sachverständigenverfahren zur Neuordnung der umwelttechnischen Berufe, initiiert vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB). Als Vertreter des DVGW auf Arbeitgeberseite wurden Frederik Erbe von Wesernetz Bremen und Björn Mattheß vom Magistrat der Stadt Groß-Umstadt vom BiBB als Sachverständige des Bundes berufen.

Ihre Rolle im Neuordnungsverfahren bestand darin, die Interessen des DVGW zu vertreten und somit die Belange der Fachkräftesicherung in der deutschen Wasserwirtschaft zu fördern. Sie wurden dabei von einem weiteren Sachverständigen auf der Arbeitgeberseite sowie von vier Sachverständigen auf der Arbeitnehmerseite (Gewerkschaften) unterstützt.

Der Schwerpunkt lag auf der Anpassung der vier umwelttechnischen Berufe an eine digitale Arbeitswelt, um sie zukunftsfähig zu gestalten. Das Ziel war es, nicht nur über Umweltschutz und Umwelttechnik zu sprechen, sondern diese Prinzipien auch aktiv umzusetzen. Dabei wurden verschiedene Tätigkeitsbereiche (wie der Umgang mit Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, die softwaregestützte Dokumentation und Arbeitsplanung sowie die Analyse, Interpretation und Bewertung von Daten) genauer betrachtet.

Im Bereich der Kompetenzen konzentrierten sich die Sachverständigen auf IT-Anwenderkenntnisse, Datenverständnis, IT-Sicherheitskenntnisse und die Offenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für neue Technologien.

Gestreckte Abschlussprüfung und Kompetenzanpassung für zukunftsweisende Fachkräfte

Das Neuordnungsverfahren wurde sorgfältig darauf ausgerichtet, dass die zukünftige Neuordnung für alle Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland passend ist. Demnach soll der oder die künftige Umwelttechnologe/-technologin in der Lage sein, sowohl in kleinen Wasserversorgungsunternehmen die Funktion als technische Führungskraft zu übernehmen als auch bei großen Wasserversorgungsunternehmen ein breites Portfolio an Aufgaben abzudecken. 

Die Ausbildung in diesen Berufen umfasst die gesamte Bandbreite von der Wassergewinnung über die Förderung, Aufbereitung, Speicherung bis hin zur Verteilung. Es ist zu betonen, dass die umwelttechnischen Berufe einen integralen Bestandteil der kritischen Infrastruktur darstellen. Wenn nicht hier im Bereich der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes begonnen wird – wo dann?

Eine bedeutende Neuerung betrifft die gestreckte Abschlussprüfung. Bisher fand am Ende des zweiten Ausbildungsjahres eine schriftliche und praktische Zwischenprüfung statt, deren Note jedoch nicht in die Endnote einbezogen wurde. Zukünftig wird es im dritten Ausbildungshalbjahr Teil 1 der gestreckten Abschlussprüfung geben. Dieser Teil beinhaltet schriftliche und praktische Aufgaben im Prüfungsbereich „Anpassung eines umwelttechnischen Systems“, deren Ergebnis zu 20 Prozent in die Abschlussnote einfließt.

Es ist wichtig zu betonen, dass trotz der Änderungen im Prüfungsformat und der inhaltlichen Neuordnung die Ausbildungsdauer unverändert bei drei Jahren bleibt.

Insgesamt gibt es 14 Berufsbildpositionen im Bereich der berufsprofilgebenden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die während der Berufsausbildung vermittelt werden müssen. Dazu gehören Tätigkeiten wie das Durchführen von Qualitätssicherungsmaßnahmen, die nachhaltige Bewirtschaftung von Wasserressourcen, die Umsetzung von Maßnahmen zur Absicherung von Wasserschutzgebieten sowie die Sicherstellung der Wasserförderung, -speicherung und -verteilung. 

Natürlich durfte auch das wichtige Themenfeld der Durchführung von Wasseraufbereitung und die Gewährleistung des Trinkwasserschutzes nicht fehlen. Zusätzlich dazu umfassen die integrativ zu vermittelnden Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sechs Berufsbildpositionen. Diese beinhalten Bereiche wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und die Anpassung an eine digitale Arbeitswelt.

Die Abschlussprüfung Teil 2 besteht aus vier Prüfungsbereichen:


Die Sachverständigen haben im Verfahren die Bedeutung von praxisorientierten Berufen betont. Daher macht die praktische Prüfung 60 Prozent des Gesamtergebnisses aus, während schriftliche Aufgaben mit 40 Prozent bewertet werden. Die Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Struktur der Prüfung.

Tabelle: Übersicht über die Prüfungsstruktur

Tab. 1: Übersicht über die Prüfungsstruktur. Quelle: BIBB

Berufliche Neuordnung für eine nachhaltige Zukunft

Nachhaltige Entwicklung beinhaltet die gleichberechtigte Berücksichtigung von Umwelt-, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten. Laut dem Rat für Nachhaltige Entwicklung, der 2012 ins Leben gerufen wurde, bedeutet eine nachhaltige Entwicklung, dass Umweltbelange gleichwertig neben sozialen und wirtschaftlichen Belangen betrachtet werden. 

Eine zukunftsfähige Wirtschaftsweise zielt in diesem Zusammenhang darauf ab, kommenden Generationen eine intakte ökologische, soziale und wirtschaftliche Struktur zu hinterlassen. Diese Elemente sind untrennbar miteinander verbunden und für eine nachhaltige Entwicklung unabdingbar.

Durch die Neuordnung der umwelttechnischen Berufe wurde die Berufsausbildung auf ein zukunftsfähiges Fundament gestellt. Die neuen Umwelttechnologinnen und Umwelttechnologen sind deshalb bestens vorbereitet, um den aktuellen wie auch zukünftigen Anforderungen an die kritische Infrastruktur gerecht zu werden.

Kontakt:
Björn Mattheß
Stadt Groß-Umstadt
Gewerbestr. 2
64823 Groß-Umstadt
Tel.: 06078 781-510
E-Mail: bjoern.matthess@gross-umstadt.de
Internet: www.gross-umstadt.de

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